Behindertenpolitik: Blick über den Tellerrand gefordert
Anwalt für Menschen mit Behinderung präsentierte Tätigkeitsbericht
Graz (6. Juli 2011).- Seinen Tätigkeitsbericht für die Arbeitsjahre 2009 und 2010 präsentierte heute Vormittag (6.7.2011) der Anwalt für Menschen mit Behinderung Siegfried Suppan im Medienzentrum Steiermark. „Wenn die Wirtschaftskrise von 2009 auch schön langsam an Schrecken verliert, so ist es leider immer noch so, dass Menschen mit Behinderung wesentlich öfter armutsgefährdet sind als der Rest der Bevölkerung", betont Suppan und führt das auch auf die Kürzungen im Bereich der Leistungen für Menschen mit Behinderung zurück.
Er und sein Team bewältigten rund 2.000 Einzelfälle in den letzten beiden Jahren. Die meisten Fragen betrafen das Steiermärkische Behindertengesetz und die Bildung. „Durch die Einführung des verpflichtenden Kindergartenjahres wurde beispielsweise deutlich, dass viele Kindergärten für Kinder im Rollstuhl schwer zugänglich sind oder keine ausreichenden Assistenzdienste vorhanden sind. Viele behinderte Kinder besuchten vorher keinen Kindergarten und wenn, dann meist einen heilpädagogischen, von denen es leider auch zu wenige in der Steiermark gibt", so der Anwalt.
Erfreulicherweise gibt es auch Positives zu berichten: Die Zahl der arbeitslosen behinderten Menschen ging gemeinsam mit den allgemeinen Arbeitslosenzahlen 2010 zurück, entgegen dem Trend in den anderen Bundesländern. „Das hat bestimmt mit dem Umstand zu tun, dass es einige Initiativen auf Landesebene gab, die bei der Beschäftigung von Menschen mit Behinderung ansetzten", erklärt sich Suppan den Rückgang. Gleichzeitig kritisiert er die nach wie vor grundsätzlich sehr geringe Bereitschaft der Wirtschaftstreibenden, behinderte Personen einzustellen.
Eine seiner zentralen Forderungen für die nähere Zukunft ist ein Landesaktionsplan zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtekonvention. „Es geht darum, dass in Zukunft nicht nur der Sozialbereich verpflichtet ist, die erforderlichen Leistungen für Menschen mit Behinderung zur Verfügung zu stellen, sondern sämtliche Ressorts dafür zu sorgen haben, dass eine gleichberechtigte Teilhabe in allen Lebensbereichen möglich ist; vorhandene Diskriminierungen müssen abgebaut und neue nicht zugelassen werden", betont Suppan und fordert hier zu einem Blick über den Tellerrand und gemeinsamen Anstrengungen der gesamten Landespolitik auf.
Zur allgemeinen Diskussion über das Landespflegeheim Schwanberg vertritt Suppan nach wie vor die Meinung, dass nicht in veraltete Strukturen, sondern in moderne Wohnformen für Menschen mit Behinderungen investiert werden soll. „Der eingeschlagene Weg der sukzessiven Verringerung der Bewohneranzahl muss konsequent fortgesetzt und gleichzeitig sind rasch adäquate Alternativen aufzubauen" fordert er sowohl von der Politik als auch von den Leistungsanbietern als gemeinsame Strategie.
Abseits des Tätigkeitsberichts ist der Anwaltschaft für die Zukunft vor allem wichtig, dass die hohe Qualität der Dienstleistungen für behinderte Menschen in der Steiermark erhalten bleibt. Dies muss auch in Zeiten der Budgetkonsolidierung gewährleistet bleiben. „Die Steiermark darf ihre Vorreiterrolle in Sachen Behindertenpolitik nicht verlieren", verlangt Suppan die Fortsetzung des Dialogs zwischen Land und Trägerorganisationen.
Seit 2005 bietet die Anwaltschaft für Menschen mit Behinderung als unabhängige Ombudsstelle Beratung und Unterstützung an und leistet behindertenpolitische Grundlagenarbeit in der Steiermark. Die Anwaltschaft wurde aufgrund des Steiermärkischen Behindertengesetzes 2004 eingerichtet. Nähere Informationen unter www.behindertenanwalt.steiermark.at. Aktueller Tätigkeitsbericht:
Link
Für Nachfragen steht Siegfried Suppan gerne unter 0676/8666-2745 zur Verfügung.
Graz, am 6. Juli 2011
Sabine Jammernegg unter Tel.: +43 (316) 877-2999, bzw. Mobil: +43 (676) 86662999 und Fax: +43 (316) 877-2294 oder E-Mail: sabine.jammernegg@stmk.gv.at zur Verfügung.
A-8011 Graz - Hofgasse 16 - Datenschutz