Weiterhin rund 156.000 Steirerinnen und Steirer armutsgefährdet
Landesstatistik präsentiert Bericht über Armut und Lebensbedingungen in der Steiermark

Graz (12. November 2014).- Die Landesstatistik Steiermark veröffentlichte heute (12.11.2014) einen aktuellen Bericht über Armut und Lebensbedingungen in der Steiermark. Demnach beträgt das mittlere verfügbare Netto-Jahreseinkommen (Median) der steirischen Haushalte über 30.000 Euro (genau 30.830 Euro). Das schwächste Einkommensviertel verfügt dabei über maximal 20.069 Euro jährlich, während dem stärksten Einkommensviertel zumindest 49.315 Euro zur Verfügung stehen. Das mittlere Jahresäquivalenzeinkommen (dieses entspricht einem bedarfsgewichteten Netto-Pro-Kopf-Einkommen) der Steirer und Steirerinnen beträgt demnach knapp 21.600 Euro (genau 21.564, das sind 1.797 Euro monatlich) pro Person. Die Armutsgefährdungsquote liegt in der Steiermark bei 14 Prozent (genau 13,7 Prozent). Das ist fast jede(r) Siebte. Demnach sind 156.000 Steirerinnen und Steirer armutsgefährdet, wobei sich diese Zahl und die Armutsgefährdungsquote von 2004 bis 2012 nicht signifikant geändert haben.
Verteilung und Haushaltsgruppen
Daten bezüglich der Verteilung der Bevölkerung auf die verschiedenen Armutslagen gibt es zwar nur für Österreich, jedoch ist die Situation in der Steiermark sehr ähnlich. Über drei Viertel (77 Prozent) der Bevölkerung sind nicht arm. Deprivation durch mangelnde Teilhabe in zentralen Lebensbereichen ohne Einkommensarmut erleidet fast jeder Zehnte (neun Prozent). Weitere neun Prozent sind einkommensarm, ohne jedoch an Deprivation, also mangelnder Teilhabe, zu leiden. Am prekärsten ist die Lage für Personen, die in manifester Armut (Deprivation und Einkommensarmut) leben. Fünf Prozent der österreichischen Bevölkerung sind davon betroffen und damit umgerechnet auf die Steiermark rund 57.000 Personen, also mehr als jeder dritte Armutsgefährdete.
Nach Haushaltsgruppen ist die Armutsgefährdung bei Haushalten mit Haupteinkommensquelle Sozialleistungen (50 Prozent), bei Haushalten mit keiner oder sehr niedriger Erwerbsintensität (46 Prozent), Arbeitslosen (32 Prozent), bei allein Lebenden in Haushalten ohne Pension (30 Prozent), bei Staatsbürgern mit ausländischer Staatsangehörigkeit (29 Prozent), allein lebenden Pensionisten (28 Prozent), in Ausbildung befindlichen (23 Prozent), Selbständigen (23 Prozent), bei nicht Erwerbstätigen (22 Prozent), in Haushalten mit weiblicher Hauptverdienerin (22 Prozent), bei Personen mit maximal Pflichtschulabschluss (22 Prozent), bei über 65-jährigen Frauen (21 Prozent) und im Haushalte tätigen (20 Prozent) besonders stark ausgeprägt. Nicht vergessen sollte man auch die Gruppen der Alleinerzieher (30 Prozent) und die Mehrpersonenhaushalte mit mindestens drei Kindern (25 Prozent), wo aufgrund der Stichprobe nur Werte für Österreich zur Verfügung stehen. Aber es kann angenommen werden, dass die Quote in der Steiermark ähnlich ist.
Faktor Bildung und Arbeit
Der Faktor Bildung spielt eine entscheidende Rolle hinsichtlich Einkommen, Armutsgefährdung und Konsum. In der Steiermark beträgt das mittlere Jahresäquivalenzeinkommen von Personen mit Matura oder Universitätsabschluss 27.321 Euro, für Personen mit Lehre oder mittlerer Schule 22.203 Euro und für Personen mit maximal einem Pflichtschulabschluss 19.298 Euro. Dementsprechend liegt die Armutsgefährdungsquote für letztere mit 22 Prozent deutlich über dem steirischen Durchschnitt und auch über der von Personen mit Lehre oder mittlerer Schule (elf Prozent) sowie mit Matura/Universitätsabschluss (10 Prozent). 7,3 Prozent der steirischen Erwerbstätigen (das sind 37.000 Personen) sind trotz Erwerbstätigkeit armutsgefährdet und werden demnach als „working poor" bezeichnet.
Laut der Mikrozensus-Arbeitskräfteerhebung 2012 von Statistik Austria gehen nach dem Labour Force-Konzept von 509.500 unselbständig Beschäftigten in der Steiermark 152.700 einer Teilzeitbeschäftigung nach. Diese Beschäftigungsform wird hauptsächlich von Frauen (123.100) ausgeübt, deren Teilzeitquote bei 45,5 Prozent (im Vergleich zu neun Prozent bei Männern) liegt. Die Armutsgefährdungsquote von Teilzeit-Erwerbstätigen liegt bei 16 Prozent (im Vergleich zu sechs Prozent bei Vollzeit-Erwerbstätigen) und die Armutsgefährdungsquote von Haushalten mit mittlerer Erwerbsintensität beträgt 14 Prozent (im Vergleich zu vier Prozent bei Haushalten mit hoher Erwerbsintensität).
Auch die berufliche Stellung gilt als wichtiger Faktor in Hinsicht auf Einkommen, Armut und Lebensbedingungen. Zehn Prozent der Hilfsarbeiter, acht Prozent der Facharbeiter, fünf Prozent der Personen mit mittlerer Tätigkeit/Meister und vier Prozent der Personen mit höherer/führender Tätigkeit sowie 23 Prozent der Selbständigen (darunter viele Landwirte) sind armutsgefährdet.
Frauen und Männer im Vergleich
Frauen sind stärker armutsgefährdet als Männer. Das mittlere Jahresäquivalenzeinkommen von Frauen beträgt 20.628 Euro und das von Männern 22.317 Euro. 87.000 Frauen (15 Prozent aller Frauen) sind in der Steiermark von Armut gefährdet, während dies nur auf zwölf Prozent der Männer (69.000) zutrifft. Besonders groß ist die Benachteiligung der Frauen gegenüber Männern in den Altersgruppen der über 65-Jährigen (21 Prozent zu 13 Prozent).
Die Armutsgefährdungsquote von Haushalten mit Pension (als Haupteinkommensquelle) liegt in der Steiermark bei 16 Prozent und damit zwei Prozentpunkte über dem steirischen Gesamtdurchschnitt. Deutlich stärker benachteiligt sind alleinlebende Pensionsbezieher mit einer Armutsgefährdungsquote von 28 Prozent gegenüber elf Prozent bei Mehrpersonenhaushalten mit Pension.
Ausländische Staatsangehörigkeit
2012 lebten in der Steiermark rund 87.700 Personen mit ausländischer Staatsangehörigkeit (7,2 Prozent der Wohnbevölkerung). Davon kommen rund 45 Prozent aus EU-Staaten. Nicht-Österreicher beziehen im Mittel ein Jahresäquivalenzeinkommen von 19.957 Euro (das sind knapp 2.000 Euro weniger als bei Österreichern). 29 Prozent der Nicht-Österreicher sind armutsgefährdet, während dies nur auf 13 Prozent der Personen mit österreichischer Staatsbürgerschaft zutrifft.
In der Steiermark leben 906.000 Personen in Haushalten ohne Pension. Davon leben knapp 13,9 Prozent (126.000) alleine, weitere 54,6 Prozent (496.000) in Mehrpersonenhaushalten mit Kindern und 31,5 Prozent (285.000) in Mehrpersonenhaushalten ohne Kinder. Die Armutsgefährdung ist unter den Alleinlebenden (in Haushalten ohne Pension) am höchsten und beträgt 30 Prozent. Im Vergleich dazu sind acht Prozent der Mehrpersonenhaushalte ohne Kinder und elf Prozent derer mit Kindern armutsgefährdet.
Hauptverdiener und Sozialleistungen
324.000 Personen leben in der Steiermark in einem Haushalt mit weiblicher Hauptverdienerin. Personen in Haushalten mit weiblicher Hauptverdienerin sind zu 22 Prozent armutsgefährdet, während dies nur auf zehn Prozent der Personen in Haushalten mit männlichem Hauptverdiener zutrifft und auch beim mittleren Jahresäquivalenzeinkommen sind Haushalte mit weiblicher Hauptverdienerin benachteiligt.
Ohne Sozialschutzsystem läge die Armutsgefährdung in der Steiermark bei 45 Prozent. Nach Pensionen aber vor Sozialleistungen würde sie 21 Prozent betragen, um schließlich auf 14 Prozent nach Pensionen und nach Sozialleistungen zu sinken. Zehn Prozent der steirischen Bevölkerung beziehen ihr Haupteinkommen aus Sozialleistungen und für weitere 24 Prozent stellen Pensionen die Haupteinkommensquelle dar. Trotz der armutsreduzierenden Wirkung von Sozialleistungen sind 49 Prozent der Personen mit Sozialleistungsbezug als Haupteinkommensquelle armutsgefährdet, während die Armutsgefährdung der Personen mit Pensionen als Haupteinkommensquelle mit 14 Prozent im steirischen Durchschnitt liegt.
Insgesamt waren zwischen 2009 und 2012 sechs Prozent der Bevölkerung in Österreich dauerhaft armutsgefährdet, das bedeutet, diese Personen waren im Jahr 2012 und in mindestens zwei der drei vorhergehenden Jahre armutsgefährdet. Weitere 20 Prozent waren zwischen 2009 und 2012 zeitweilig armutsgefährdet, das heißt in mindestens einem Jahr, aber nicht dauerhaft.
Die dauerhafte Armutsgefährdung ist bei Personen mit Sozialleistungsbezug als Haupteinnahmequelle (32 Prozent), bei Haushalten mit keiner oder sehr niedriger Erwerbsintensität (30 Prozent), bei alleinlebenden Frauen ohne Pension (24 Prozent), bei alleinlebenden Frauen mit Pension (16 Prozent), in Ein-Eltern-Haushalten (14 Prozent), bei Personen mit maximal einem Pflichtschulabschluss (14 Prozent), bei über 65-Jährigen (elf Prozent), bei alleinlebenden Männern mit Pension (elf Prozent), in Haushalten mit weiblicher Hauptverdienerin (elf Prozent), bei Nicht-Österreichern (zehn Prozent), in Mehrpersonenhaushalte ohne Pension mit drei oder mehr Kindern (zehn Prozent) und bei Pensionsbeziehern als Haupteinkommensquelle (acht Prozent) besonders stark ausgeprägt. Jene Gruppen sind auch bei der jährlichen Armutsgefährdung meist am stärksten bzw. stärker betroffen.
Im Vergleich zu anderen EU-Staaten sind Österreich und die Steiermark meist im oberen (besseren) Drittel zu finden. Bei der Europa 2020 Strategie gibt es fünf Kernziele, wobei Österreich, aber auch die Steiermark, bei der Erreichung dieser Ziele meist deutlich höhere und damit bessere Werte annehmen als der EU-Durchschnitt. Eines dieser Kernziele ist die Verringerung von Armut und sozialer Ausgrenzung. Der entsprechende Indikator dazu ist die Ausgrenzungsgefährdung, die sowohl die Einkommenssituation, die Erwerbspartizipation als auch die Deprivation berücksichtigt. In der Steiermark liegt die Ausgrenzungsgefährdungsquote bei 17,5 Prozent, das entspricht rund 201.000 Personen. Im Vergleich dazu liegt die Ausgrenzungsgefährdungsquote in Österreich bei 18,5 Prozent, für die EU errechnet sich ein Wert von 24,8 Prozent.
Für Fragen steht der Leiter der Landesstatistik Steiermark Martin Mayer gerne unter 0316/877-2904 oder 0676/8666-2904 zur Verfügung. Den aktuellen Bericht finden Sie hier und weitere Informationen bietet die Homepage
www.statistik.steiermark.at.
Ein Kurzinterview mit Martin Mayer steht am Nachmittag unter www.videoportal.steiermark.at zur Verfügung.
Graz, am 12. November 2014
Sabine Jammernegg unter Tel.: +43 (316) 877-2999, bzw. Mobil: +43 (676) 86662999 und Fax: +43 (316) 877-2294 oder E-Mail: sabine.jammernegg@stmk.gv.at zur Verfügung.
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